In unserer Funktion als Stadtvertreter und teilweise auch als Kreistagsmitglieder haben wir uns direkt beim
Bauamtsleiter des Landkreises beschwert. Der Bauamtsleiter ist auch der Leiter der "Unteren Naturschutzbehörde",
also der Behörde, die für den Schutz der Natur zuständig ist.
Wir wiesen dabei ausdrücklich auf den Schutzstatus des Gebietes hin und baten darum,
die Nutzung als Baustofflager unverzüglich zu untersagen.
Auf unsere Beschwerde hin, erhielten wir folgende Antwort:
Zitat
Amtsleiter Steffen Pfefferkorn:
„Aus naturschutzfachlicher Sicht sind durch die temporäre Ablagerung von Erdstoffen und das Befahren der Fläche auf dem Flurstück 16/259
… gegenwärtig keine gesetzlich geschützten Biotope betroffen.
… Eine Zwischenlagerung von Erdstoffen auf solchen Flächen stellt keine erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigung dar.
Ist das tatsächlich so, hat er vielleicht sogar Recht?
Zunächst muss man die Fakten festhalten:
Es handelt sich zweifelsfrei um den Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB.
Dennoch wird die Fläche seit Anfang Juni 2025 nicht etwa für eine „temporäre Lagerung von Erdstoffen“,
wie es die Behörde darstellt, genutzt, sondern als länger andauernder Umschlagplatz für Baustoffe (bisher 3 Monate).
Teilweise wurden dort Kiesberge bis zu einer Höhe von vier Metern aufgeschüttet.
Rechtlich ist die Lage eindeutig:
Nach § 35 Abs. 2 BauGB dürfen sonstige Vorhaben im Außenbereich nur dann zugelassen werden,
wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden. Nach § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB
liegt eine Beeinträchtigung bereits dann vor, wenn schädliche Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten sind.
Genau das ist bei einem mehrere Monate betriebenen Umschlagplatz mit Aufschüttungen, Lärm, Staub und Flächenverdichtung der Fall.
Flächennutzungskonzept 2025 (letzte Seite)
Schaut man in das im Juni 2025 beschlossene Flächennutzungskonzept, erkennt man sehr deutlich, dass dort im Bereich des ehemaligen
BFZ, Biotope, GGB und SPA Gebiete ausgewiesen sind.
GGB-Gebiete
GGB bedeutet „Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung“.
Sie beruhen auf der EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (92/43/EWG), auch FFH-Richtlinie genannt.
Ziel ist der Schutz gefährdeter Lebensraumtypen (z. B. Moore, Feuchtwiesen, Dünen) und Arten (z. B. Fischotter, Fledermäuse, Orchideen).
SPA-Gebiete
SPA steht für „Special Protection Area“ (besonderes Schutzgebiet für Vögel).
Grundlage ist die EU-Vogelschutzrichtlinie (2009/147/EG).
Sie dienen dem Schutz wildlebender Vogelarten und ihrer Lebensräume – insbesondere von Zug- und Brutvögeln (z. B. Seeadler, Kraniche, Kormorane).
Gemeinsame Wirkung (Natura 2000)
Sowohl GGB- als auch SPA-Gebiete gehören zum europaweiten Netzwerk Natura 2000.
Für beide gilt das Verschlechterungsverbot nach § 33 Abs. 1 BNatSchG:
„In den Natura 2000-Gebieten sind alle Handlungen, Projekte und Maßnahmen unzulässig,
die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Gebiete in ihren für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können.“
Für Vorhaben, die solche Gebiete berühren, ist nach § 34 BNatSchG eine Verträglichkeitsprüfung erforderlich.
Ohne positive Prüfung sind Projekte unzulässig.
Und wo sind die Biotope?
Die schwarz gepunkteten Linien in der Zeichnung stellen die "Gesetzlich geschützten Biotope" dar. Zu der Seite der Linie,
auf der sich der Punkt befindet, entspannt sich das Biotop.
Es ist deutlich erkennbar, dass die Biotope in Richtung Haffküste ausgebildet haben. Rechts neben dem
ehemaligen BFZ Gelände (rotes Rechteck) liegen zwei kleine, schmale, vertikal ausgerichtete Biotope.
Insbesondere diese kleinen Biotope haben 2013 dazu geführt, dass die "Untere Naturschutzbehörde", die Erweiterung des
Sondernutzungsgebietes F+T nicht zugelassen hat. Der Versuch in diese Fläche bei der
1. Änderungs des Flächennutzungsplanes zu erweitern,
schlug fehl, wegen des nicht abwägbaren Biotopschutzes.
Bauabfälle im Vogelschutzgebiet!
Als wir beim Leiter des Bauamtes, der gleichzeitig auch Leiter der
„Unteren Naturschutzbehörde“ ist, mit dem Hinweis auf Biotopschutz und
Vogelschutz intervenierten, war auch der Bürgermeister der Stadt Ueckermünde informiert.
Trotzdem alle Fakten zu den Schutzgebieten genannt wurden, sah die
„Untere Naturschutzbehörde“ keinen Schutzbedarf.
Zur Erinnerung: Ein großer Teil des ehemaligen BFZ-Geländes ist Teil des Natura 2000-Netzwerkes
und damit nach europäischem Recht besonders schutzwürdig.
Es handelt sich eindeutig um ein Vogelschutzgebiet.
In der Folge wurde die Nutzung des Lagers für Baustoffe sogar noch erweitert.
Seit einigen Tagen – und zwar nachdem die Behörden informiert waren –
wird dieses Schutzgebiet nun zusätzlich als Halde für Bauabfälle genutzt.
Der Landrat, die Kommunalaufsicht und auch der Leiter des Bauamtes, sowie der Bürgermeister sind informiert.
Passiert ist bisher nichts – was sehr überrascht, wenn man sich die rechtlichen Hintergründe zu diesem Sachverhalt ansieht.
Rechtliche Bewertung:
Die Ablagerung von Bauschutt und Erdstoffen in einem ausgewiesenen Vogelschutzgebiet
kann mehrere Straftatbestände erfüllen:
-
§ 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG):
Verbot, europäische Vogelarten erheblich zu stören oder ihre Fortpflanzungs-
und Ruhestätten zu zerstören. Durch Aufschüttungen, Lärm und Abfälle werden
Lebensräume beeinträchtigt.
-
Umweltdelikte:
Wer ein geschütztes Gebiet erheblich schädigt, macht sich strafbar. Schutzgebiete genießen einen besonders hohen Rang.
-
Unerlaubter Umgang mit Abfällen:
Die Ablagerung von Bauabfällen in der Natur – insbesondere in einem Schutzgebiet – erfüllt diesen Tatbestand.
-
Amtspflichtverletzungen:
Wenn zuständige Behörden trotz eindeutiger Hinweise nicht einschreiten, kann dies strafbar sein.
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Wie man den Bildern entnehmen kann, wird dort aktuell auch Asphalt - Bruchabfall gelagert.
In älteren Asphalten – insbesondere aus den 1960er bis 1980er Jahren – wurde häufig Teer oder Pech als Bindemittel eingesetzt. Diese enthalten hohe PAK-Gehalte,
die als krebserregend eingestuft sind.
Besonderes Gefährdungspotenzial bei teerhaltigem Asphalt Teerhaltiger Asphalt („Teerpechhaltiger Straßenaufbruch“) kann über Jahrzehnte Schadstoffe freisetzen.
Eine offene Lagerung oder unkontrollierte Einbringung in den Boden ist nicht zulässig. Laut Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) gilt für diesen Fall der
Abfallschlüssel 170301 – Asphaltgemische mit Teer und Teerprodukten, die als gefährlicher Abfall einzustufen sind.
Zusammenfassung
- Schadstoffe: Asphaltbruch kann PAK/Teer enthalten (krebserzeugend, toxisch). Auswaschung belastet Boden und Grundwasser.
- Naturschutzrecht: SPA-Gebiete (EU-Vogelschutzrichtlinie) sind streng geschützt; erhebliche Beeinträchtigungen sind verboten (§ 44 BNatSchG).
- Bau-/Abfallrecht: Lagerung im Außenbereich ist nicht genehmigungsfrei (§ 35 BauGB). Ablagerung ohne Zulassung ist Abfallverstoß (KrWG).
- Lebensraumstörung: Verdichtung, Staub und Verkehr stören Brutvögel; Vegetation und Insektenfauna werden geschädigt.
- Konsequenzen: Anordnung zur Beseitigung möglich; in Schutzgebieten ggf. Umweltstraftat (§ 329 StGB).
Damit geht es nicht um eine „Bagatelle“ oder eine bloße „Zwischenlagerung“, sondern um eine mögliche strafbare Nutzung eines Schutzgebietes –
mit Konsequenzen sowohl für den Betreiber der Halde als auch für die zuständigen Amtsträger, die ihrer Schutzpflicht bislang nicht nachkommen.
Nächster Versuch, die Fläche zu erweitern!
Flächennutzungskonzept 2025 (letzte Seite)
Schaut man in das im Juni 2025 beschlossene
Flächennutzungskonzept
(Seite 13), erkennt man sehr deutlich, dass das Gebiet des ehemaligen BFZ (blaue Fläche Nr. 6) sehr stark erweitert worden ist. Es überschneidet zum einen die kleinen
vertikalen Biotope, rechts neben dem BFZ Gelände, und überlappt zum anderen das Vogelschutzgebiet.
Es handelt sich hierbei also um den erneuten Versuch, dass Gelände des BFZ zu erweitern, obwohl diese Erweiterung bereits im Jahr 2013, bei der
1. Änderung des
Flächennutzungsplanes, abgelehnt wurde.
Begründung damals: Biotopschutz, nicht abwägbar!
Verschwinden denn Biotope und Vögel von allein?
Natürlich entwickelt sich kein Biotop zurück, zu einer artenarmen Wiese. Im Gegenteil, durch den damaligen Abriss des BFZ Gebäudes, konnte sich die
Natur ihren Raum zurückholen. Warum sollte das Gebiet heute kein Biotop mehr sein und warum sollte es kein Vogelschutzgebiet mehr sein? Das
alles ist wenig nachvollziehbar und unverständlich.
Auf der Tagesordnung der Stadtvertretersitzung vom 13.03.2025 tauchte dieser Punkt plötzlich wieder unter der Beschlussache
DS-23/0353-1 auf.
In der Anlage das Fachkonzept mit Stand 2025, indem sich Abkürzungen wie GGB und SPA befinden und auf der letzten Seite die
Zeichnung, in der die
Biotope und Vogelschutzgebiete eingezeichnet sind:
Es hieß, dass Ganze sei schon seit 2020 im Verfahren, alles reine Formsache und nun muss es endlich beschlossen werden.
Um die Fehler zu beheben, gibt es nur einen Weg:
Der Beschluss zum Fachkonzept 2025 muss aufgehoben und mit vollständiger
Informationslage neu beraten werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Stadtvertretung auf
rechtmäßiger und vollständiger Grundlage entscheidet.
Bleibt der Beschluss bestehen, hat das mehrere Folgen:
Zum einen wird der Eindruck erweckt, man könne sich einzelne Punkte aus einem Fachkonzept herausgreifen
und als verbindlich darstellen – was der Gesetzeslage widerspricht.
Zum anderen werden die Mandatsrechte der Stadtvertreter verletzt, weil wesentliche Informationen
(vor allem die Ablehnung der FNP-Änderung 2013 wegen Biotopschutz) verschwiegen wurden.